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Sonntag, 12. April 2015

Zuckermann, Israels Schicksal

Saarländischer Rundfunk Sonntag, 12.04.2015 11.04 bis 12.00 Uhr Fragen an den Autor
Prof. Moshe Zuckermann: "Israels Schicksal". Wie der Zionismus seinen Untergang betreibt
224 S., 2014 Promedia, ISBN 978-3-85371-375-4, kartoniert , 17,90 €
Seine politischen Führer und Ideologen haben den Staat Israel an eine historische Weggabelung manövriert, von der nur Sackgassen auszugehen scheinen. Israel sieht sich vor eine Wahl gestellt, die ihm letztlich nur zwei Möglichkeiten offenhält: Es kann sich zur Lösung des Konflikts mit den Palästinensern für die Zwei-Staaten-Variante entscheiden, d. h. eine Friedenslösung zwischen zwei souveränen Staaten Israel und Palästina akzeptieren. Israel kann aber auch eine territoriale Teilung zwischen Israel und Palästina torpedieren. In diesem Fall muss es in Kauf nehmen, dass innerstaatlich eine binationale Struktur entsteht, die tendenziell zu jenem demographischen Zustand führt, bei dem die Juden zur Minderheit im eigenen Land werden. In einem solchen Fall könnte Israel einen Apartheid-Staat unterhalten oder einen binationalen Staat offiziell anvisieren. Eine binationale Lösung wäre mit Entscheidungen verbunden, die den Zionismus – Israels Staatsideologie – gravierend belasten, ja das gesamte zionistische Projekt infrage stellen. Dass letztlich nichts an einer Zwei-Staaten-Lösung vorbeiführt, wie Zuckermann meint, leuchtet den meisten Politikern ein. Der Autor stellt daher die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass die Rettung des zionistischen Projekts nicht wahrgenommen wird. Man kann den Palästinensern die Schuld an der verfahrenen Situation zuschieben, die Sicherheitslage im arabischen Umfeld verantwortlich machen oder die innere ideologische Zerrissenheit als Grund nennen. Eine Möglichkeit ist aber nie wirklich erörtert worden: dass Israel die historische Entscheidung seit 1967 nie angestrebt hat, weil der Zionismus selbst nicht an die Zukunft seines eigenen Projekts glaubt. Diese Möglichkeit erörtert Zuckermann in seinem neuen Buch. Er geht dabei strukturanalytisch und ideologiekritisch vor und nimmt historische Abläufe, politische Kontexte und gesellschaftliche Klüfte ins Visier. Eine der Erklärungen liegt im Ideologischen, wobei der Autor zwischen der religiösen und der säkularen Koordinate unterscheidet. Erstere basiert auf der „Ewigkeit Israels“ und dem Gottesglauben, der sich von nichts und niemandem abschrecken lässt. Die säkulare Ideologie wiederum geht vom „Primat der Sicherheit“ aus und verweigert der palästinensischen Seite den Frieden. Die historische Entscheidung zwischen einer Zwei-Staaten-Lösung und einem binationalen Projekt steht jedenfalls an. Der Verfasser Moshe Zuckermann, 1949 in Tel Aviv geboren, ist Professor für Geschichte und Philosophie an der Universität Tel Aviv. Als Sohn von Holocaust-Überlebenden entschloss er sich nach zehnjährigem Aufenthalt in Deutschland mit 20 Jahren zur Rückkehr nach Israel. Er gilt als profunder Kritiker israelischer Politik. Zuletzt erschien von ihm bei Promedia „‚Antisemit!‘ Ein Vorwurf als Herrschaftsinstrument“ (2010, 3. Auflage 2014).
Pressestimmen zum Buch: Heiko Flottau in der "Süddeutschen Zeitung" am 10. März 2015: "Moshe Zuckermann wünscht sich in seiner verständlich geschriebenen Studie keineswegs das Ende des Zionismus. Im Gegenteil, er möchte diesen und damit Israel retten: Die Gründung eines Palästinenserstaates scheint ihm dafür unabdingbar zu sein. Allein, den Willen zu solch einer historischen Großtat sieht Zuckermann nirgends. So stellt er denn die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass der Zionismus dem jüdischen Volk nicht einmal in dem von ihmgeschaffenen Staat eine sichere Heimstätte geschaffen habe. (...) Da der Zionismus, so Zuckermann, den eigenen Untergang betreibe, werde auch das „zionistische“ Israel untergehen. Ob es dann einen 'nichtzionistischen Neubeginn mit emanzipatorischem Horizont' oder eine 'ruchlose, faschistisch- repressive Degeneration' geben werde, sei nicht vorauszusagen."
Hannes Heine in "Der Tagesspiegel" vom 22. Januar 2015: "Moshe Zuckermanns neues Buch ist eher etwas für Kenner denn für Unbedarfte, eher für solidarische Kritiker denn für bedingungslose Israel-Fans. In seinem Band will Zuckermann zeigen, wie es soweit kommen konnte, dass man sich in Israel wird entscheiden müssen: einen Palästinenserstaat zu akzeptieren oder in ein Israel einzuwilligen, dem künftig zwar die besetzten Gebiete gehören, dessen Gesamtbevölkerung aber mehrheitlich Araber sein würden."
Der "WDR" am am 12. Januar 2015: "Der in Tel Aviv lehrende Historiker und Soziologe Moshe Zuckermann stellt in seinem neuesten Buch "Israels Schicksal. Wie der Zionismus seinen Untergang betreibt", eine mutige These auf. Danach ist der in Israel als Staatsdoktrin herrschende Zionismus dabei, das "zionistische Projekt" eines Staates, in dem die Juden die Mehrheit bilden, bewusst gegen die Wand zu fahren. Denn die konstante Verweigerung der Zwei-Staaten-Lösung bedeutete objektiv die Entstehung einer binationalen Struktur, in der die jetzige palästinensische Minderheit zur Mehrheit wird und nur durch ein noch rigoroseres Apartheids-Regiment als jetzt beherrscht werden kann. Was – auch international – der Existenzberechtigung des Staates Israels vollends den Boden entzöge."
Reinhard Jellen in "Telepolis" am 25. Januar 2015: "Nach dem Anschlag in Paris und den Anti-Terroreinsätzen in Belgien wird in vielen jüdischen Gemeinden in Europa über ein Anschwellen des Antisemitismus und eine Auswanderung nach Israel diskutiert. Der Geschichts- und Philosophieprofessor Moshe Zuckermann hält dies für einen falschen Weg, weil die Juden in Israel aufgrund des Konflikts mit den Palästinensern seiner Ansicht nach einer weit größeren Gefahr ausgesetzt wären. Er begründet diesen Gedanken ausführlich in seinem neuen Buch."
Jens Renner in der Zeitschrift "ak-Analyse und Kritik" Nr. 601 vom 20. Januar 2015: "Zuckermann hält sowohl einen 'nichtzionistischen Neubeginn mit emanzipativem Horizont' für möglich, aber auch den 'langen Weg einer ruchlosen, faschistisch-repressiven Degeneration'. Starke Worte."
Martin Woker in der "Neuen Zürcher Zeitung" am 18. Dezember 2014: "'Die bittere Wahrheit ist, dass das Leben des jüdischen Einzelmenschen nirgends auf der Welt so gefährdet ist wie gerade in Israel; . . .', schreibt der in Israel lehrende deutschsprachige Historiker Moshe Zuckermann. Die Schuld an diesem Umstand sieht der Autor im Wesen des Zionismus begründet, der seinen Untergang betreibe. Der Zionismus habe seine selbst proklamierten Ziele nie wirklich ernst genommen, seine Vision sei ein Märchen geblieben. Zuckermanns radikale, doch wohlbegründete Kritik stützt sich auf die Einschätzung, wonach Israel heute vor einer historischen Entscheidung stehe: eine Zwei-Staaten-Lösung mit einem souveränen Staat Palästina an der Seite Israels oder ein binationaler Staat, in dem Juden und Palästinenser als gleichwertige Bürger gemeinsam leben würden".
Yael Kupferberg in der Sendung Lesart im "Deutschlandradio Kultur" am 1. November 2014: "So gnadenlos die Kritik am falschen Bewusstsein Israels ausfällt – mit schwacher Hoffnung, dass es gut ausgehen könne beendet Zuckermann seine Publikation. Die Lektüre ist empfehlenswert. Sie entlässt den Leser auch mit der Einsicht, dass der Konflikt im Nahen Osten europäischen Ursprungs ist."
Winfried Stanzick auf dem Portal versalia am 20. Oktober 2014: ""Viele Gründe für die verfahrene Situation in Israel und Palästina sind genannt worden und wurden im letzten Gaza-Krieg wiederholt. Einmal sind die Palästinenser schuld an ihrer Situation, ein anderes Mal ist die Sicherheitslage im arabischen Umfeld verantwortlich oder die innere Zerrissenheit der israelischen Gesellschaft. Moshe Zuckermann wagt eine neue These: der Zionismus glaubt selbst nicht mehr an die Zukunft seiner eigenen Projekts."
Arn Strohmeyerauf am 18. Oktober 2014: "Zuckermann hat mit seinem Buch eine scharfe und glänzende Analyse des deutsch-jüdischen und deutsch-israelischen Verhältnisses geliefert, die natürlich auf erbitterten Widerstand stoßen wird. Es ist aber schwierig, ihn zu widerlegen, weil jeder Angriff auf sein Buch seine Thesen nur belegt. Aber sein Ansatz ist richtig und wahr. Es ist gut, dass dieser mutige Israeli gerade der Deutschen die Augen für die Realitäten in Israel öffnet, die die meisten Deutschen sich weigern zur Kenntnis zu nehmen. Es wird höchste Zeit, dass dieser so wichtige Politik-Bereich aus seiner ideologischen Erstarrung befreit wird. Das kann einem wirklichen Nahost-Frieden, der diesen Namen verdient, und damit gerade auch Israel nur gut tun."
Bettina Marx im "Deutschlandfunk" am 6. Oktober 2014: "Moshe Zuckermanns Buch ist ein Essay über die Lage seines Landes, das sich über fast 50 Jahre in eine politische Ausweglosigkeit hineinmanövriert hat, die offenbar immer neue und grausamere Runden der Gewalt notwendig macht. Die letzte fand erst im vergangenen Sommer statt, als Israel 51 Tage lang Krieg gegen den Gazastreifen führte. Mehr als 2.000 Tote forderte dieser Waffengang, mehr als 10.000 Palästinenser wurden verletzt, 100.000 obdachlos. Der zugrunde liegende Konflikt jedoch wurde nicht gelöst. Im Gegenteil. Beide Seiten erwarten schon in absehbarer Zeit einen neuen Gewaltausbruch. Ist dies 'Israels Schicksal', wie der Titel von Zuckermanns Buch lautet? Im Untertitel scheint der Autor seine Antwort zu geben: 'Wie Israel seinen Untergang betreibt'." Winfried Stanzick am 20. Oktober 2014: "Auch im neuen Buch proklamiert Moshe Zuckermann eine Zwei-Staaten-Lösung und forscht den Ursachen nach, warum es nicht zu einer nur so erfolgreichen Rettung des zionistischen Projekts kommt. Viele Gründe für die verfahrene Situation in Israel und Palästina sind genannt worden und wurden im letzten Gaza-Krieg wiederholt. Einmal sind die Palästinenser schuld an ihrer Situation, ein anderes Mal ist die Sicherheitslage im arabischen Umfeld verantwortlich oder die innere Zerrissenheit der israelischen Gesellschaft. Moshe Zuckermann wagt eine neue These: der Zionismus glaubt selbst nicht mehr an die Zukunft seines eigenen Projekts."

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